Junge.Kirche 3/2001
Frauen in Bewegung

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Inhalt [PDF]

Zu diesem Heft
Bärbel Fünfsinn

„Es gibt keinen Grund enttäuscht zu sein
Christina Thürmer-Rohr

Feminismus? Bei uns im Osten heißt es anders!
Annett Bräunlich-Comtesse

Talkin’ about… my generation?
Claudia Lenz

Warum fällt es Frauen schwer, das umzusetzen, was sie wollen?
Dette Alfert

Gewalt im Krieg
Karin Griese/Monika Hauser

Theologinnen im Herrenhaus Europa
Hedwig Meyer-Wilmes

Ganz andere Kuchen backen
Dorothee Sölle

Auf dem Weg zu einer neuen Kirche
Elsa Tamez

Feministische Theologie in Asien
Pui-Ian Kwok

Gerechtigkeit macht Sinn
Ina Praetorius

Mut zur Politik
Sabine Plonz

Frauenwürde, Prostitution und Gesellschaft [PDF]
Renate Kirchhoff

Sozialgeschitliche Bibelauslegung
Von Mitläufern und vom Hass gegen die Nächsten
Lukas 14, 25–33
Ingo Baldermann

Folgende Bilder und Szenen aus den letzten Wochen fallen mir ein, die ich mit den Themen dieses Heftes in Verbindung bringe: Da gibt es die große Plakatwerbung einer Zigarettenmarke. Eine blonde Frau im Dirndl sitzt auf einem Schemel mitten in einer Alpenlandschaft. In der Hand hält sie einen Eimer, sie will offensichtlich eine Kuh melken. Neben ihr hockt ein Mann, der ihr eine Zigarette anbietet. Die Frau im Zentrum des Bildes hat ein tiefes Dekolletee und sitzt da mit breit gespreizten Beinen. Die Stöckelschuhe dürfen nicht fehlen, auch nicht in den Alpen. So wie sie auf dem Plakat dargestellt wird, signalisiert sie: Ich bin allzeit – zur sexuellen Verfügung – bereit.

Eine blonde Frau im Dirndl sitzt auf einem Schemel mitten in einer Alpenlandschaft. In der Hand hält sie einen Eimer, sie will offensichtlich eine Kuh melken. Neben ihr hockt ein Mann, der ihr eine Zigarette anbietet. Die Frau im Zentrum des Bildes hat ein tiefes Dekolletee und sitzt da mit breit gespreizten Beinen. Die Stöckelschuhe dürfen nicht fehlen, auch nicht in den Alpen. So wie sie auf dem Plakat dargestellt wird, signalisiert sie: Ich bin allzeit – zur sexuellen Verfügung – bereit.

Mich ärgern solche Plakate, in denen Frauenkörper benutzt werden, um Produkte anzupreisen. Ich frage mich, wieso diese Art von Werbung nach wie vor ungebrochen betrieben werden darf auch nach dreißig Jahren Frauenbewegung und vielen öffentlichen Auseinandersetzungen über die Ausbeutung von Frauen und ihren Körpern.

In einer größeren Frauenzeitschrift wurden kürzlich verschiedene Frauen befragt, was für sie Emanzipation sei. Eine Historikerin (38 Jahre) wurde mit den Sätzen zitiert: „Emanzipation ist für mich, wenn ich meinem Mann nicht mehr Danke sagen muss, wenn er das Geschirr spült.“ Ich nehme einmal an, dass die Historikerin noch Weiteres zu sagen gehabt hätte. Oder weist sie auf ein zentrales Thema innerhalb der Frauenbewegung hin? Immerhin berichten heute noch offizielle Untersuchungen davon, dass rund 90 Prozent der Männer in deutschen Haushalten wenig bis keine Verantwortung für die alltägliche Hausarbeit übernehmen. Frauen leisten nach wie vor den größeren Teil dieser als minderwertig angesehen Arbeit, brauchen Kraft und Organisationstalent, um Erwerbs- und Versorgungsarbeit (Haushalt und Familie) miteinander zu verbinden.

Eine Studentin in einer deutschen Hochschule hörte, dass der Lehrstuhl für Systematische Theologie vielleicht mit einer feministischen Theologin besetzt werden soll. „Wenn das stimmt, dann kann ich gleich meine Sachen packen.“ Sie nahm an, dass sie bei einer feministischen Theologin nicht ausreichend qualifizierte Theologie studieren könne.

Ich finde es bedauerlich, dass die tief sitzenden Vorbehalte und Vorurteile gegenüber feministischer Theologie nicht weiter abgebaut sind. Andererseits deutet das Desinteresse junger Frauen an feministischen Themen darauf hin, dass ihre Ausgangsposition eine andere ist als die ihrer (Groß-)Mütter. Sie erleben sich aufgrund ihres Geschlechtes nicht benachteiligt. Ob noch nicht oder nicht mehr bleibt dahingestellt.

In diesem Heft stellen wir Ihnen unterschiedliche Beiträge rund um die Themen Frauenbewegung und feministische Theologie vor. Die Frauenbewegung hat einiges erreicht, trotz sexistischer Werbung, trotz der „Hausarbeitsresistenz“ der Männer und trotz des schweren Standes der feministischen Theologie an deutschen (und anderen) Universitäten. Ältere und junge Feministinnen sprechen von dem schon Erreichten durch die Frauenbewegung. Außerdem wird ein Überblick über die unterschiedlichen Situationen der feministischen Theologinnen in Ost- und Westeuropa gegeben, sowie ein kurzer Abriss über die Entwicklung europäischer feministischer Theologie. Im Detail blicken wir noch einmal nach Ostdeutschland und dann in die weite Welt: Womit beschäftigt sich asiatische feministische Theologie heute, welche Visionen haben lateinamerikanische Frauen von einer Kirche, die ihre Lebenszusammenhänge ernst nimmt?

Das Thema Frauen und Macht wird in verschiedenen Beiträgen dieses Heftes berührt, wobei deutlich wird, dass Macht im Sinne von Einflussnahme und Gestaltungswillen attraktiv(er) für Frauen geworden ist. Feministische Ethik gehört selbstverständlich in dieses Heft, zum einen mit der Vorstellung eines anderen, postpatriarchalem Gerechtigkeitsverständnis, zum anderen mit einem Plädoyer für eine politisch relevante Sozialethik innerhalb der feministischen Theologie.

Mitte Mai wurde zum ersten Mal im deutschen Bundestag über einen Gesetzesentwurf verhandelt, durch den Prostitution als Beruf anerkannt werden soll. Dieses „gesellschaftlich getragene Phänomen“ für die Kirche meist ein heikles Thema wird in einem Artikel theologisch reflektiert.

Viel Freude beim Lesen des Heftes. Es grüßt aus der norddeutschen „Frauenkirche“
Bärbel Fünfsinn